Priv.-Doz. Dr.med. Wolfgang Buchberger MSc, UMIT Tirol1
Impulsvortrag auf dem 1. Tiroler Symposium für Qualität im Gesundheitswesen 2024
Behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse (UE) treten in bis zu 14.4% aller stationären Krankenbehandlungen auf und können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden sowohl auf der Ebene nationaler Gesundheitssysteme als auch einzelner Gesundheitsorganisationen intensive Anstrengungen zur Reduktion vermeidbarer Behandlungsschäden unternommen. Insbesondere im deutschsprachigen Raum hat sich das klinische Risikomanagement (KRM) als systematischer Ansatz zur Detektion, Bewertung, Analyse, Prävention und Überwachung behandlungsbedingter unerwünschter Ereignisse etabliert. Es gibt jedoch noch kaum systematische Untersuchungen über die Implementierung und die Effektivität dieser relativ aufwendigen Systeme in der klinischen Praxis.
Wir evaluierten die Einführung eines umfassenden klinischen Risikomanagements an einem tertiären Versorgungszentrum (a. ö. Landeskrankenhaus- Universitätskliniken Innsbruck). Die Implementierungsphase erstreckte sich über acht Jahre und umfasste als zentrale Komponenten die Schulung interdisziplinärer Risikomanagementteams, externe und interne Risikoaudits sowie die Einführung eines Critical Incident Reporting Systems (CIRS).
Von den 1.104 bei den Risikoaudits festgestellten Risiken betrafen 56,2 % die Organisation, 21,3 % die Dokumentation, 15,3 % die Behandlung und 7,2 % die Patientenaufklärung. Der höchste Anteil an schwerwiegenden Risiken wurde in der Kategorie Organisation (22,7 %) festgestellt, der niedrigste in der Kategorie Dokumentation (13,6 %). Im CIRS wurden zwischen 241 und 370 kritische Ereignisse pro Jahr gemeldet, bei denen in 79,5 % bis 83 % der Fälle innerhalb von zwölf Monaten Präventivmaßnahmen etabliert waren. Die Häufigkeit der CIRS-Meldungen pro Abteilung korrelierte signifikant mit der Anzahl der aktiven Risikomanager und der Anzahl der Risikoteamsitzungen.
Im Vergleich zu den Jahren vor der Einführung wurde ein Jahr nach der vollständigen Implementierung des klinischen Risikomanagements ein durchschnittlicher jährlicher Rückgang der Schäden um 60,1 % (95% CI: 57,1, 63,1) festgestellt. Im Durchschnitt sank die Schadensrate um 5 % pro Jahr pro 10% Erhöhung des Ausrollungsgrades des klinischen Risikomanagements (Inzidenzratenverhältnis: 0,95; 95 % CI: 0,93, 0,97).
Die Ergebnisse dieses Projekts belegen die Wirksamkeit des klinischen Risikomanagements für die Erkennung behandlungsbedingter Risiken und die Verringerung von Patientenschäden.
- Wolfgang Buchberger, Marten Schmied, Uwe Siebert; UMIT Tirol- Private Universität für Gesundheitswissenschaften und -technologie, Institut für Public Health, Medical Decision Making und HTA ↩︎