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11 Second Victims in der onkologischen Pflege – Beeinflussende Faktoren, Präventions- und Unterstützungsmöglichkeiten der emotional belasteten und traumatisierten Pflegepersonen in Westösterreich

Cornelia Innerhofer, MSc, BSc

Impulsvortrag auf dem 1. Tiroler Symposium für Qualität im Gesundheitswesen 2024

Einleitung: Behandlungsfehler im Gesundheitswesen betreffen als Erstes Patient:innen und Angehörige, jedoch folgend auch das medizinische Personal und führen potenziell zu einer Traumatisierung der Betroffenen. Um die Konsequenzen dieser Vorfälle abzumindern und zukünftige Fehler zu vermeiden, muss das Phänomen inklusive beeinflussender Faktoren, Präventions- und Unterstützungsmöglichkeiten betrachtet werden. Die Forschung hat sich bisher noch nicht mit onkologischen Pflegepersonen in Bezug auf dieses Phänomen beschäftigt. Ziel dieser Arbeit ist es herauszuarbeiten, inwiefern das Second Victim Phänomen bei onkologischen Pflegepersonen in Westösterreich auftritt, welche Faktoren dessen Auftreten beeinflussen, welche Präventionsmaßnahmen getroffen werden können und welche Unterstützungsmaßnahmen existieren und benötigt werden.

Methode: Anhand der deutschsprachigen Literatur zum Thema wurde ein Interviewleitfaden erstellt, mittels dem zwölf Interviews persönlich durchgeführt wurden. Im Anschluss wurde das gewonnene Material mit Hilfe der MAXQDA Software (2022) transkribiert, analysiert und anhand der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: Die Befragten kannten den Begriff des Second Victims nicht, erlebten jedoch ein traumatisierendes Ereignis. Auslöser der Vorfälle waren moralische Dilemmata, Arzneimittelgaben, Kurvenführungen oder fehlende Informationen. Beeinflussend auf das Phänomen wirkten Ablenkung, Mitarbeitergesundheit, unleserliche Verordnungen, nicht eingehaltene Standards, Technik, Unwissenheit und Personalmangel. Berichtete Symptome waren Angst, Weinen, Zweifel, Ärger, Schlafstörungen, Schuldgefühle, Angst vor ähnlichen Vorkommnissen und Gedankenkreisen. Als hilfreich im Umgang wurden der kollegiale Austausch, Supervision und Hobbies erwähnt. Die Arbeitgeber stellten in zehn von zwölf Fällen eine psychologische Unterstützung, wobei das Wissen darüber als unzureichend beschrieben wurde. Präventiv wurden das Vier-Augen-Prinzip, Checklisten, gute Kommunikation, Fallbesprechungen, sowie CIRS angesehen und eine bessere Kommunikation, mehr Zeit, sowie Fortbildungen gewünscht.

Schlussfolgerung: Informationen über das Second Victim Phänomen und über die Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene müssen besser zugänglich gemacht werden. Präventiv muss Zeit und Raum im Arbeitsalltag geschaffen, Behandlungsfehler als unvermeidbare Ereignisse angenommen und das Pflegepersonal in dessen Umgang geschult werden.